#rp23 Keynote-Sprecherin Bénédicte Savoy: Von Geld, Kulturgütern und deren Restitution

10.05.2023 - Die Kunsthistorikerin und Provenienzforscherin verleiht den Forderungen für die Rückgabe geraubter Kunst aus der Kolonialzeit eine Stimme.
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Bénédicte in einer roten Bluse
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Maurice Weiss

Bénédicte Savoy beschäftigt sich mit unbequemen Wahrheiten, über die kein Museum gerne offen spricht. Die Umstände, unter denen ihre Sammlungsobjekte den Weg nach Europa gefunden haben, sind vielfältig; viele Artefakte stammen jedoch aus Raubzügen und Plünderungen. Dadurch ist eine massive Ansammlung an Kunstobjekten aus ehemaligen europäischen Kolonien in westliche Museen gelangt. Bis heute befinden sich etwa 90 Prozent des afrikanischen Kulturerbes außerhalb des Kontinents. 

Die Arbeit der Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy besteht darin, historisch belegte Fakten über Kunstraub und Beutekunst zusammenzutragen. Als international renommierte Provenienzforscherin stellt sie die Frage nach der gewaltvollen Herkunft dieser Artefakte und fordert, diese sichtbar zu machen. Doch das allein reicht nicht: Für die Wissenschaftlerin müssen aus der Transparenz auch Konsequenzen folgen – sie setzt sich für eine Restitution ein, also die Rückgabe geraubter Kunst in die Ursprungsländer. Daher spricht sie sich im Umgang mit Kunstwerken und Artefakten für eine radikal neue Perspektive aus. Gemeinsam mit dem senegalesischen Wissenschaftler Felwine Sarr beriet Bénédicte 2018 den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron zu den Bedingungen der Restitution afrikanischer Kulturgüter von Frankreich an die Herkunftsländer. Beide wurden vom Time Magazine zu den 100 einflussreichsten Menschen 2021 gewählt. Wie sie in ihrem aktuellen Buch „Afrikas Kampf um seine Kunst. Geschichte einer postkolonialen Niederlage“ beschreibt, wurde dieser Restitutionsprozess zwar bereits in den 1960er Jahren angestoßen – allerdings auch mit denselben Argumenten wie heute bekämpft. Die Debatte verlief im Sande und geriet schließlich in Vergessenheit. Mit ihrer Forschung trägt Bénédicte dazu bei, die Debatte um Restitution wieder zu beleben. 

Bénédicte Savoy ist die Leiterin des Fachgebiets Kunstgeschichte der Moderne an der Technischen Universität Berlin. 2016-2021 hatte sie zudem eine Professur am Collège de France in Paris für die Kulturgeschichte des künstlerischen Erbes in Europa vom 18. bis 20. Jahrhundert inne. Für ihre Forschung und ihre akademische Lehre wurden ihr zahlreiche Auszeichnungen verliehen, darunter 2016 der Gottfried Wilhelm Leibniz Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Von 2015 bis 2017 war sie Mitglied des internationalen Expertenbeirats des Berliner Humboldt Forums. Sie verließ das Gremium aus Frust darüber, dass es innerhalb dieses Zeitraumes lediglich zweimal tagte und es sich „um eine bloße Proforma-Veranstaltung“ handle. 2022 wurde sie in die französische Ehrenlegion aufgenommen. Für ihre Expertise zur Geschichte des Kolonialismus und dessen Auswirkungen erhielt sie am 2. Mai 2023 den Berliner Wissenschaftspreis.

Wir erwarten gespannt Bénédictes Einblicke zu Geld, Kunst, Kulturgütern und Restitution auf der #rp23.
 

Von Geld, Kunst, Kulturgütern und deren Restitution

Bénédicte Savoy

Zusammenfassung
Museen sind politische Orte. Die Akkumulation von Kulturgütern, die sie spätestens seit dem 19. Jh. betreiben, ist eine Form der Akkumulation von (symbolischem und realem) Kapital. Von Cicero über Napoleon und Mobutu Sese Seko: Seit der Antike machen Debatten über die Restitutionen von Kulturgütern diese Verknüpfung sichtbar.
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