#rp24-Sprecher Steffen Mau: Wie polarisiert ist unsere Gesellschaft?

07.03.2024 - Ist es ein Mythos, dass Gendersternchen und Lastenräder so viele Menschen triggern? Der Soziologe untersucht, ob unsere Gesellschaft wirklich unüberwindbar gespalten ist.
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Steffen Mau trägt kurze Haare, eine Brille und Anzug.
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Gesine Born/Stifterverband

Ob über Migration, Vermögen, Diversität oder Klimaschutz – in Deutschland wird derzeit viel gestritten. Das ist zunächst einmal nichts Schlimmes: Unser demokratisches System ist auf ständige Aushandlung und gemeinsame Verständigung angewiesen. Doch wie können wir Wege aus Krisen finden, wenn sich scheinbar unversöhnliche Lager gegenüberstehen und radikale Minderheiten Proteste vereinnahmen? Wenn sich Menschen immer öfter von „denen da oben“ nicht mehr vertreten oder gehört fühlen? Wenn eine wohlmeinende Auseinandersetzung nicht mehr möglich scheint?

Der Soziologe Steffen Mau setzt sich mit der Frage auseinander, ob die verschiedenen Einstellungen zu bedeutenden Themen wirklich so unvereinbar sind – nicht zuletzt, weil eine Spaltung auch herbeigeredet werden kann. Gemeinsam mit seinen Kollegen Thomas Lux und Linus Westheuer veröffentlichte er Ende 2023 das Buch „Triggerpunkte. Konsens und Konflikt in der Gegenwartsgesellschaft“. Darin stellen die Autoren fest: „Soziale Konflikte sind nie einfach nur da, sie werden auch gesellschaftlich hergestellt: entfacht, angeheizt, getriggert.“ Das Fazit: Unsere Gesellschaft ist einerseits nicht so tief polarisiert, wie wir denken. Denn bei vielen großen Fragen herrscht einigermaßen Konsens. Die meisten Personen haben mehr gemeinsam, als oft behauptet wird, und extreme Positionen stellen eher die Ausnahme dar. Andererseits verschärft sich schlagartig die Debatte, wenn bestimmte Reizthemen ins Spiel kommen: „Gleichstellung ja, aber bitte keine Gendersprache! Umweltschutz ja, aber wer trägt die Kosten?“ Diese „Triggerpunkte“ können polarisieren und zu einem verzerrten Bild führen.

Steffen Mau ist Professor für Makrosoziologie an der Humboldt Universität zu Berlin. Zuvor war er 11 Jahre lang Professor für Politische Soziologie in Bremen. Er hat an der Freien Universität Berlin studiert und am European University Institute in Florenz promoviert. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen soziale Ungleichheit, sozialstrukturellen Wandel, Europäisierung, Migration und Grenzen. Er ist unter anderem Autor der Bücher „Sortiermaschinen. Die Neuerfindung der Grenze im 21. Jahrhundert“ (2021) und des Spiegel-Bestsellers „Lütten Klein. Leben in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft“ (2019). 2021 erhielt er den Leibniz-Preis, 2023 für seine Wissenschaftskommunikation den Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Er war bzw. ist Mitglied zahlreicher Gremien, u.a. des Sachverständigenrates für Migration und Integration (SVR), der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) und der Academia Europea.

Auf der #rp24 freuen wir uns auf Steffens spannenden Input zu Arenen der Ungleichheitskonflikte.